Das barocke Fabrikschloss Eisenhammer

Eine vorindustrielle Eisenverhüttungsanlage

Hundertfünfzig Meter links geradeaus steht idyllisch das imposante Schloss Eisenhammer. Zwanzig Fensterachsen gliedern das symmetrische Gebäude mit Mansarddach. Ein alter Baumbestand, zu dem eine „tausendjährige Eiche“ mit Stammumfang von fast acht Metern gehört, wirkt wie ein verwunschener Park. Was heute so romantisch und auch verlassen wirkt, muss man sich laut vorstellen: Das „Schloss“ wurde 1708 als Verwaltungsgebäude für einen Eisenhammer gebaut. Hier hat es bis 1856 gezischt, geschlagen und gerumpelt.

Eisenhammer, Neuenschmidten: Diese Ortsnamen erzählen von einem Bodenschatz Brachttals, der wichtig war für die Industrialisierung: Das Eisenerz. Die Hügel bestehen aus vulkanischen Basaltgesteinen des Vogelsberges. Die Bauern der Dörfer sammelten die eisenhaltigen Mineralien und tauschten sie bei Waldschmieden gegen Eisenwaren. Die umgebenden Wälder lieferten Brennmaterial und das Wasser der Bracht betrieb Blasebälge und Hämmer. Das vorindustrielle Werk rentierte sich jedoch nicht. Ab 1885 entstanden hier in der „Möbelindustrie Neuenschmidten“ Kleinmöbel und Kücheneinrichtungen der Waechtersbacher Keramik. Fürst Ferdinand-Maximilian I. zu Ysenburg-Wächtersbach in Büdingen hatte die Anlage 1875 gekauft und ein Sägewerk eingerichtet. Ab dann war der Eisenhammer tatsächlich wenigstens gelegentlich ein Jagdschloss.

Der Turbinen-Betriebsraum des Wasserkraftwerkes.
Der Turbinen-Betriebsraum des Wasserkraftwerkes.
Kücheneinrichtung der Waechtersbacher Keramik aus der Möbelindustrie Neuenschmidten. 1932
Kücheneinrichtung der Waechtersbacher Keramik aus der Möbelindustrie Neuenschmidten. 1932

Die Wasserkraft ist geblieben

Heute ist das Wasser immer noch wichtig: Ab den 1920er Jahren trieb aus Wasserkraft gewonnener Strom die Maschinen der Möbelindustrie an. Nachdem die Produktion um 1992 aufgegeben wurde, versorgt das Wasserkraftwerk heute den Eisenhammer und zahlreiche Häuser in der Nachbarschaft umweltfreundlich mit Elektrizität.

Schloss Eisenhammer um 1930

Früher prägte die Gesamtanlage die Landschaft. Die Allee und der kleine Garten mit der Hecke lassen den Eisenhammer wie ein Schloss wirken. Aber die Allee führt am Gebäude vorbei statt darauf zu. Es gibt keinen repräsentativen Schlossplatz. Stattdessen stehen die Gebäude parallel hintereinander. Das verrät, dass es sich um eine Industrieanlage handelt – so wie der Schornstein.

Schloss Eisenhammer heute

Am Eisenhammer ist die Zeit nicht spurlos vorüber gegangen. Einige Gebäude gibt es heute nicht mehr. Mittlerweile prägt das Verwaltungsgebäude alleine die Landschaft. Die Allee ist verschwunden, aber der restliche alte Baumbestand lässt die Anlage wildromantisch wirken.

Literatur

100 Jahre Waechtersbach. Bamberg, 1932
Wächtersbacher Steingutfabrik GmbH. Schlierbach bei Wächtersbach. Preisliste Möbel. Brachttal, 1926
Kirchner, Volker: 180 Jahre Wächtersbacher Steingut. Ein kulturgeschichtlicher Streifzug. Brachttal, 2012
Schmerbach, Karl: Dorfbuch. Landes- und Kulturgeschichte des früheren ysenburgischen Gerichtes Spielberg. 2. Aufl., Leisenwald, 1997