Siedlung von Arbeitern und Angestellten

Die Fabrik verändert das Leben

1834, zwei Jahre nach der Gründung der Waechtersbacher Keramik, gab es im Dorf Schlierbach 372 Einwohner. Rund 60 Jahre später, 1895, als die Fabrik unter der Leitung von Max Rösler ungefähr 700 Menschen beschäftigte, hatte Schlierbach seine Einwohnerzahl fast verdreifacht, auf 908. Wo wohnten die Menschen?

Ursprünglich war Schlierbach, wie auch Streitberg oder Hellstein, ein Bauern- und Fuhrleutedorf. In dieser Straße stehen aber keine großen Bauernhöfe. Vor allem den Direktoren Karl Wilkens und Max Rösler, die Fürst Ferdinand Maximilian I. von Ysenburg-Büdingen in Wächtersbach einstellte, ist es zu verdanken, dass das Ortsbild sich geändert hat. Die Fabrik warb um MitarbeiterInnen, indem sie ihnen Wohnraum in Aussicht stellte. Manche Häuser wurden durch das Werk in Serie geplant.

So sehen typische Arbeiterhäuser in Schlierbach aus: eingeschossig mit kleinen Nebengebäuden.
So sehen typische Arbeiterhäuser in Schlierbach aus: eingeschossig mit kleinen Nebengebäuden.

Kleine Ortsteile entstanden neu – wie im Kolonieweg.

Max Rösler legte großen Wert auf gute Lebens- und Arbeitsbedingungen. So sah eine Anweisung aus der Fabrik vor, dass Arbeiterhäuser nur einen Stall für Kleinvieh und einen Nutzgarten haben durften. Diese Verordnung war weniger restriktiv als vielmehr fürsorglich gemeint. Rösler war es wichtig, dass die Arbeiter in Ihrer Freizeit nicht mit Landwirtschaft beschäftigt waren, sondern ruhen konnten. Oft waren die Arbeiterhäuser ähnlich: Einfamilienhäuser waren eingeschossig, aus Fachwerk auf einem hohen Kellersockel. Eine Treppe führte seitlich zur Haustür, dazu gab es ein kleines Nebengebäude. Häuser von Angestellten, Beamten, Vertretern oder Direktoren waren meist größer und aufwändiger gestaltet.

Diese Häuser wurden vermietet oder verkauft. Für manche Immobilien gewährte die Firma Sicherheiten oder Kredite. Einige stehen unter anderem in dieser Straße. Trotz solcher Maßnahmen hat das Dorf 1903/04 einen gewaltsamen Arbeitskampf, den „Großen Streik“ erlebt, der überregional beachtet wurde.

Häuser von Angestellten, Beamten, Vertretern oder Direktoren waren meist größer und aufwändiger gestaltet.
Häuser von Angestellten, Beamten, Vertretern oder Direktoren waren meist größer und aufwändiger gestaltet.

Literatur

Kirchner, Volker: 180 Jahre Wächtersbacher Steingut. Ein Kulturgeschichtlicher Streifzug. 2012
Kirchner, Volker: Der große Streik in der Wächtersbacher Steingutfabrik. 2004