Direktorenhaus und Geschäfte

Die Hauptstraße

In unmittelbarer Nähe zur Fabrik flankieren zahlreiche Häuser aus Ziegelsteinen, Bruchsteinen oder mit verschieferten Fassaden die Hauptstraße bergaufwärts Richtung Neuenschmidten. Fast alle stehen in Verbindung mit der Waechtersbacher Keramik.

Dieses Haus an der Wächtersbacher Straße wurde gegen 1870 als „Jägerhaus“ gebaut. Zeitweilig wohnten hier die Leiter der Fabrik.
Dieses Haus an der Wächtersbacher Straße wurde gegen 1870 als „Jägerhaus“ gebaut. Zeitweilig wohnten hier die Leiter der Fabrik.
Auch diese beiden Häuser sind mit der Waechtersbacher Keramik verbunden und stehen an der Hauptstraße Richtung Neuenschmidten.
Auch diese beiden Häuser sind mit der Waechtersbacher Keramik verbunden und stehen an der Hauptstraße Richtung Neuenschmidten.

Das schöne, regelmäßige Haus gegenüber mit zwei Fensterachsen links und rechts der Haustür, einer Freitreppe und grünen Fensterläden wirkt recht repräsentativ an der Hauptstraße. Es ist eines der ehemaligen Direktorenhäuser. Links davon stehen drei Doppelhäuser. Sie gehören zur „Augustenkolonie“ und wurden auf Betreiben von Direktor Karl Wilkens 1867 gebaut. Die kleine Siedlung ist nach der Frau von Fürst Ferdinand Maximilian I. zu Ysenburg-Büdingen in Wächtersbach benannt. Fürstin Auguste empfand eine soziale Verantwortung für die Mitarbeiter. 1882 stiftete sie zum zweiten Mal Grundstücke: Der Kolonieweg einige Meter die Hauptstraße bergauf rechts entstand. Im rechten der drei Doppelhäuser gegenüber fällt das große, historische Schaufenster auf. Neben der industriellen Produktion wuchs auch der Handel im 19. Jahrhundert. Supermärkte gab es nicht, stattdessen boten Ladengeschäfte die Waren an. Durch die Steigerung der Einwohnerzahlen war Schlierbach plötzlich attraktiv für Kolonialwarenläden, Metzgereien und andere Geschäfte – mit Schaufenster!

Ysenburger Straße 3: Das Haus von Brennmeister Müller

In der Nähe der Fabrik hat Brennmeister Müller ein eigenes Haus bezogen. Stolz steht er mit seiner Familie um 1910 unter dem Vordach. Er trug die Verantwortung für die Brennöfen der Fabrik. Das Haus ist eingeschossig, das Fachwerk verschindelt. Der Standort nahe der Fabrik garantierte einen kurzen Arbeitsweg.

Ysenburger Straße 3: Das Haus des Brennmeisters Müller heute

Aus dieser Perspektive hat sich das Haus des Brennmeisters wenig verändert: Es ist immer noch eingeschossig, die Fassade ist verputzt, die Fenster wurden vergrößert.

Die Erfindung des Einzelhandels spiegelt sich in den historischen Schaufenstern.

Die Architektur in Schlierbach zeigt die Veränderung der Gesellschaft durch die Industrialisierung. Mit dem Bau der Vogelsberger Südbahn – auf Betreiben der Fabrik – entstand der Bahnhof und die Bahn brachte Fremde: Die Fabrik zog GastarbeiterInnen und VertreterInnen aus aller Welt an. Nach dem Krieg brachten ganze Busse US-amerikanische Soldaten und ihre Angehörigen zum Einkaufen. Entwerferinnen wie Ursula Fesca aus Brandenburg oder Dina Kuhn aus Wien lebten, arbeiteten und starben hier. Und fuhren, so erzählt man sich, im Cabrio über die Hauptstraße …

Bauzeichnungen für das als Jägerhaus bezeichnete Direktorenhaus. Um 1870. Werksarchiv Main-Kinzig-Kreis
Bauzeichnungen für das als Jägerhaus bezeichnete Direktorenhaus. Um 1870. Werksarchiv Main-Kinzig-Kreis

Literatur

Heinz und Lilo Frensch: Wächtersbacher Steingut. Königstein 1978
Museums- und Geschichtsverein Brachttal e. V.: Wächtersbacher Steingut. Die ersten Jahre. Brachttal 2019.
Kirchner, Volker: 180 Jahre Wächtersbacher Steingut. Ein Kulturgeschichtlicher Streifzug. 2012
Kirchner, Volker: Der große Streik in der Wächtersbacher Steingutfabrik. 2004